Als am Samstag, den 30. Juni 2018 um 8:00 Uhr der Neumann-Bus vor dem Gemeinschaftshaus Quelle stand, strahlt die Sonne von einem tiefblauen Himmel und versprach, es den ganzen Tag zu tun. Ein Wetter also, das vielleicht den ein oder anderen doch im Garten oder im Naturbad hätte festhalten können. Nicht so die Mitglieder und Freunde des Heimat- und Geschichtsvereins Quelle. Es ging an diesem Tag um nichts weniger als um ein Hochamt der Geschichte: den Besuch des alten Bundesratssaals und des Hauses der Geschichte in Bonn.

Der Bus war früh genug vor dem alten Bundeshaus, um allen Fahrtteilnehmern noch einen kurzen Besuch bei „Vater Rhein“ zu ermöglichen. Dann ging auch schon die Führung los.
Vor dem Bundesratssaal war eine kleine aber prägnante Ausstellung „ Unser Grundgesetz“ zu sehen, die sich mit dem Werdegang unserer Verfassung nach dem zweiten Weltkrieg beschäftigte, insbesondere mit dem Wirken des Parlamentarischen Rats, der schließlich am 08. Mai 1949 – also vier Jahre nach Kriegsende – das Grundgesetz für die drei Westzonen beschloß. Wir wurden daran erinnert, dass nur 4 – in Worten:vier! – Frauen dem Gremium angehörten, darunter allein aus Nordrhein-Westfalen drei Abgeordnete. Und wir konnten das denkwürdige Schreiben von Bayern an den Präsidenten des Parlamentarischen Rates, Dr. Konrad Adenauer lesen, in dem mitgeteilt wird, dass der bayrische Landtag zunächst das Grundgesetz mit Mehrheit abgelehnt hat, dann aber ebenfalls mit Mehrheit erklärt, dass es, weil es in zwei Drittel der  Länder ratifiziert worden ist, auch in Bayern gilt: die „querelles  bavaroises“, die den Besuch 2018 in Gestalt der Auseinandersetzung zwischen der Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Innenminister und CSU-Vorsitzenden Seehofer begleitet haben, hatten also eine lange Tradition.

Wenn es denn einen „genius loci“ , einen „Geist des Ortes“, gibt, dann hat er jedenfalls bei der Besichtigung des Bundesratssaals einen Eindruck hinterlassen. Zugegeben, die gesamte Architektur ist ein wenig statisch, und in der eigenen Erinnerung gibt es im Gegensatz zum alten Plenarsaal des Bundestags keine dramatischen Debatten im Bundesrat. Aber insgesamt haben alle Teilnehmer der Reise doch das Gefühl, in einem Machtzentrum der Bundesrepublik zu sitzen, manche trauen sich sogar, den Präsidentenstuhl einzunehmen oder ans Rednerpult zu treten. Erst nach einem gemeinsamen Rätselraten konnten alle Wappen der Bundesländer, die an der Frontwand zu sehen sind, benannt werden.

Ein kurzer Weg führte am Internationalen Congresscentrum Bonn vorbei zum Haus der Geschichte. Dort begann nach einem gut organisierten und schmackhaften Mittagessen in der Cafeteria die Führung, die eineinhalb Stunden dauerte. Es war eine  rasche Tour d’Horizon von dem Zustand nach der bedingungslosen Kapitulation fast bis zur Jetzt-Zeit mit einer sehr großen Vielzahl von Erinnerungsstücken, die hier unmöglich aufgezählt werden können. Jeder Teilnehmer wird sicherlich seine persönlichen Vorlieben dabei entdeckt haben ( meine beispielsweise: die Lore mit den Backsteinen der Trümmerfrauen, das DC-3 Segment eines Rosinenenbombers, die ersten Banknoten der DM noch von der Bank deutscher Länder, der Dienst Mercedes 300 von Adenauer, die berühmte Strickjacke von Kohl beim Besuch bei Gorbatschow und gleich daneben eine lila Latzhose von ebendem „Geschwader“, um nur einige zu nennen ). Ein wenig außer Atem fanden wir uns alle in der Cafeteria zum Kaffeetrinken zusammen und waren gemeinsam der Meinung, in diesem Haus könnte man eigentlich einen ganzen Tag verbringen. Die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland konkret und handgreiflich präsentiert zeigte uns, was moderne Museumspräsentation in der Darstellung der Geschichte leisten kann. Sie zeigte uns aber auch die Grenze des Hauses der Geschichte: auch wenn die DDR und die Wende einbezogen worden ist, der Schwerpunkt ist die Entwicklung der ( alten ) Bundesrepublik ab 1945. Insofern hat der Besuch in der Rückschau eine Neugier auf das Zeughaus in Berlin – das Deutsche Historische Museum hinterlassen.